“Die jüngste Kontroverse um die Äußerungen des CDU-Chefs Friedrich Merz (67) hat eine intensive Debatte über die Sozialleistungen für abgelehnte Asylbewerber in Deutschland ausgelöst. Merz behauptete, dass diese Gruppe bevorzugt zahnärztliche Behandlungen erhalte, während deutsche Bürger Schwierigkeiten haben, Termine zu bekommen.
Die Diskussion zielt auf die sogenannten “Pull-Faktoren” ab – Anreize, die Migranten dazu bringen, nach Deutschland zu kommen. Ein vermeintlicher Grund ist das Niveau der Sozialleistungen. Doch wie sieht die Realität aus? Werden Asylbewerber in Deutschland tatsächlich großzügiger unterstützt als anderswo?
Bis Ende August 2023 haben bereits 204.461 Menschen in Deutschland einen Asylantrag gestellt, mehr als in jedem anderen EU-Land. Doch bedeutet das zwangsläufig, dass die Sozialleistungen hier besonders hoch sind? Laut dem Asylbewerberleistungsgesetz stehen einem alleinstehenden Migranten während des Asylverfahrens 410 Euro pro Monat zu, wovon ein Teil in Sachleistungen erbracht werden kann. Dies beinhaltet 228 Euro für den Grundbedarf (Essen, Kleidung) und 182 Euro für den persönlichen Bedarf (z. B. Fahrkarten oder Telefonkosten). Paare erhalten 738 Euro, und Kinder bis 5 Jahre erhalten 278 Euro.
Zusätzlich gibt es Gesundheitsleistungen, einschließlich Arzt- und Zahnarztbesuche. Allerdings erhalten Asylbewerber in den ersten 18 Monaten in Deutschland nur eine Art Notversorgung bei “akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen”. Laut Asylexperten und Jura-Professor Daniel Thym sind diese Leistungen im europäischen Vergleich gut, aber nicht außergewöhnlich.
Eine Auswertung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zeigt, dass Deutschland zwar im oberen Bereich liegt, aber es gibt Länder, die mehr zahlen. Zum Beispiel bekommt ein alleinstehender Asylbewerber in Frankreich 426 Euro pro Monat, vergleichbar mit den Leistungen in Deutschland.
Eine entscheidende Besonderheit in Deutschland ist jedoch, dass auch abgelehnte Asylbewerber im Vergleich zu anderen Ländern gut versorgt werden. Nach 18 Monaten im Land erhalten sie sogar bessere Leistungen als diejenigen, die sich noch im Asylverfahren befinden. Dies liegt daran, dass abgelehnte Asylbewerber von einer gesetzlichen Krankenkasse betreut werden, deren Leistungen den gesetzlich Versicherten entsprechen.
Trotz dieser Fakten betont Asylexperte Thym, dass die Höhe der Sozialleistungen allein nicht ausschlaggebend dafür ist, warum Deutschland ein Migrationsmagnet ist. Er identifiziert drei Hauptfaktoren: bestehende soziale Netzwerke, die gute wirtschaftliche Perspektive und die Aufnahmebedingungen, zu denen auch die Sozialleistungen gehören. Die Frage bleibt bestehen, ob Deutschland trotz Ausreisepflicht weiterhin solche Leistungen gewähren sollte.”